Norbert von Xanten, geboren etwa 1080, stammt aus einer Adelsfamilie, die für ihn den Weg des Geistlichen vorgesehen hat, denn das Erbe der Familie treten damals in der Regel nur die Erstgeborenen einer Familie an, und so mussten für weitere Söhne (und Töchter) andere Formen der – standesgemäßen – Versorgung gefunden werden. Das waren oft Funktionen im kirchlichen Bereich. Bereits als Kind tritt er somit in das Stift am Dom St. Viktor in Xanten ein, wird dann Stiftsherr und ist zunächst Subdiakon. Er macht Karriere: Er übernimmt Dienste beim Erzbischof von Köln, begleitet ihn zum Königshof und wird Hofkaplan und geistlicher Ratgeber König Heinrichs V. Mit ihm reist er nach Rom, wo Heinrich den Papst gefangen nimmt und so seine eigene Krönung zum Kaiser erzwingt.

Dann der Bruch: Als Heinrich Norbert zum Bischof von Cambrai machen möchte, lehnt Norbert ab und beschließt, als umherziehender Prediger in Armut zu leben und den Menschen das Evangelium der Umkehr nahezubringen. Es rankt sich eine abenteuerliche Legende um seine eigene radikale Wende um das Jahr 1115, die von seiner Bekehrung bei einem Unwetter bzw. nach dem Sturz vom Pferd erzählt – eine auffällige Parallele zu einigen Heiligenberufungen. Entscheidend ist, dass Norbert fortan auf seinen Wohlstand, Besitz und seine sozialen Sicherheiten als Stiftsherr verzichtet und darüber hinaus seine angesehenen Stellungen bei Kirche und Kaiser aus freien Stücken aufgibt.

Kein völlig unbekannter Heiliger: 1984 war Sankt Norbert zum 850. Todestag Briefmarkenmotiv.

Missgunst: Seine strenge Lebensform, seine glühenden Bußpredigten und seine Versuche, das Xantener Stift zu reformieren, handeln ihm Missgunst ein. Das führt schließlich so weit, dass er sich auf der Synode von Fritzlar dem Vorwurf der Ketzerei stellen muss. Zwar kann er dies erfolgreich widerlegen, aber letztlich führt es zu seinem Aufbruch nach Frankreich. Der Bischof von Laon möchte Norbert als Kirchen-Reformer beschäftigen und gewährt die Gründung eines eigenen Klosters. Von den dortigen Amtsträgern als zu radikal empfunden, bleibt es lediglich bei der Klostergründung in Prémontré („Pratrum demonstratum“) im Jahre 1120, die bald eine europaweite Verbreitung des großen Reformordens der Prämonstratenser auslöst.

St-Norbert

Nachfolge Christi in dekadenter Zeit: Was ist so anstoßerregend und gleichzeitig so anziehend für die Menschen in Norberts Umfeld? Norbert ruft in einer kirchlich recht dekadenten Zeit zur Nachfolge Christi nach dem Modell des Urchristentums auf. Mit seiner revolutionären Haltung gegenüber den kirchlichen Strukturen schart er viele Menschen um sich, die auf der Suche nach Erneuerung und Wahrhaftigkeit im Glauben sind. Auffällig ist, dass die Gemeinschaft sowohl durch Kleriker als auch durch Laien, dazu außerdem Frauen und Männer, gebildet wird, was bei Kleriker-Gemeinschaften bislang unbekannt ist. Als Ordnung seines Ordens nimmt Norbert die augustinische Regel an, die er mit den eremitischen Idealen ergänzt. Auch seine Nähe zu den Reformbenediktinern Bernhard von Clairveaux’ ist im Lebensmodell der „Chorherren des heiligen Augustinus nach den Gebräuchen der Kirche von Prémontré“ deutlich spürbar.

Erzbischof in Magdeburg: Im Jahre 1126 wird Norbert Erzbischof von Magdeburg. Dieser Schritt wird von den eigenen Mitbrüdern als unverständlich empfunden, zumal er als alleiniger Abt aller Niederlassungen nun extrem repräsentative Pflichten eingeht, die auch mit äußerem Prunk der Hofhaltung einhergehen. Andererseits ist Norbert als Erzbischof extremen Widerständen des konservativen Klerus’ Magdeburgs ausgesetzt, bewirkt aber nach und nach doch auch hier eine Besinnung und Reform der Diözese.
 Einige Male scheint Norbert angesichts seiner Härte gegenüber dem Klerus und der Bevölkerung in Lebensgefahr gewesen zu sein.

1582 heilig: Von Magdeburg aus werden Richtung Osten, so auch Prag, weitere Niederlassungen gegründet. Er wird Metropolit einer großen Kirchenprovinz des Ostens unter Kaiser Lothar. In seinen Diensten zieht Norbert nach Rom und erkrankt. Der dauernden Kritik und der gewissen Gratwanderung zwischen Amtswürde und klösterlicher Armut ausgesetzt, stirbt er 1134 nach seiner Rückkehr aus Rom an den Folgen seiner Krankheit. Papst Gregor XII. spricht ihn 1582 heilig. Da Magdeburg protestantisch wird, werden 1626 Norberts Gebeine der Abteikirche Strahov in Prag zugeführt, wo sie auch aktuell ruhen.

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Diese Schädel-Rekonstruktion soll die Gesichtszüge Norberts wiedergeben.